Die 2100 Mitglieder starke Kaltenkirchener Turnerschaft ist für ihren neuen Vorsitzenden Thomas Langhein eine Herzensangelegenheit.
Er ist in Kaltenkirchen geboren, hat als Fußballer alle Jugendteams der Kaltenkirchener Turnerschaft durchlaufen, zog später als klassischer Zehner im Mittelfeld der Ligamannschaft und dann auch bei den Alten Herren die Fäden. Er kickte für die KT in der Landesauswahl, war zudem als Jugendhandballer erfolgreich. Thomas Langhein (59) trug und trägt gern Verantwortung, sportlich wie beruflich – seit dem 23. März nun auch als Vorsitzender seines 2100 Mitglieder starken Clubs. Anlass genug für das Hamburger Abendblatt, den neuen Mann an der Vereinsspitze zu interviewen.
Herr Langhein, die Fußballer der Kaltenkirchener Turnerschaft sind mit drei Niederlagen gegen die drei anderen Verbandsliga-Achtplatzierten in den Aufstiegsspielen zur Landesliga kläglich gescheitert. Mal ganz ehrlich: Hätte die KT mit Ihnen als Mittelfeldregisseur mehr Erfolg gehabt und den Sprung in die neue Spielklasse geschafft?
Thomas Langhein: Das ist eine interessante Frage, auf die ich eigentlich nur falsch antworten kann. Ich versuche es trotzdem mal: Unser Abschneiden in der abgelaufenen Saison ist aus meiner Sicht enttäuschend, zumal die Mannschaft nach der ersten Halbserie ja noch auf einem guten Weg war und sogar zum Kreis der Oberliga-Aspiranten gehört hat. Ob ich für ein besseres Abschneiden hätte sorgen können, ist reine Spekulation, auch zu meiner aktiven Zeit gab es gute und schlechte Phasen. Fakt ist aber: Wenn ich in den drei entscheidenden Partien am Ball gewesen, hätte ich alles getan, um die Landesliga-Qualifikation zu schaffen. Ich bin Sportler durch und durch. Niederlagen haben mich immer genervt – ich wollte jedes Spiel gewinnen.
Wie sehr schmerzt es Sie, dass in der Serie 2017/2018 Teams wie der SSC Phoenix Kisdorf und der SV Todesfelde II eine Klasse höher kicken als die KT?
Schön finde ich das nicht. Dass wir in der Verbandsliga bleiben müssen, spiegelt absolut nicht die Möglichkeiten des Vereins und der Stadt wider. Die Kaltenkirchener Turnerschaft hat aufgrund ihrer exzellente Jugendarbeit das Potenzial für die Oberliga, und dort wollen wir mittelfristig auch hin. Ein wichtiger Schritt ist gemacht, unsere U19 ist erstmals in die höchste Klasse Schleswig-Holsteins aufgestiegen.
Auf diesem Weg ist es sicherlich nicht hinderlich, einen zielstrebigen Mann als Vereinschef zu haben. Sie haben beruflich eine beeindruckende Karriere hingelegt, waren 17 Jahre lang Vorstandsmitglied einer großen deutschen Versicherungsgruppe. Ihr Berufsleben wollten sie mit 60 abschließen – sie haben es einige Monate früher geschafft, in den Ruhestand zu gehen. Aber welcher Teufel hat Sie dann geritten, KT-Boss zu werden, anstatt gemütlich die Füße hochzulegen?
Na ja, der Job bei der Kaltenkirchener Turnerschaft bedeutet ja nicht, dass ich künftig keine Freizeit mehr haben werde; die Arbeitsbelastung eines Vereinsfunktionärs unterscheidet sich schon deutlich von der eines Managers. Ich bleibe jedenfalls ganz entspannt; wie man effektiv zu Werke geht, muss ich nicht erst lernen. Ich hatte im Vertriebsbereich mit über 4000 freiberuflichen Partnern und Mitarbeitern zu tun, verfüge demzufolge über viel Erfahrung in puncto Teamführung. Die KT ist für mich eine Herzensangelegenheit. Aufgrund der großen emotionalen Bindung an den Club war immer klar, dass ich mich nach dem Abschluss meines Berufslebens irgendwann ehrenamtlich im Verein engagieren würde – allerdings nicht unbedingt schon zum jetzigen Zeitpunkt.
Was waren die Gründe, dass es nun doch schneller als ursprünglich geplant dazu gekommen ist?
Da war zunächst einmal die Entscheidung meines Vorgängers Sebastian Bock, nach sechs Jahren guter Arbeit nicht wieder für das Amt des Vereinsvorsitzenden zu kandidieren – es bestand also akuter Handlungsbedarf. Daraufhin haben die jetzige 2. Vorsitzende Cathrin Blödorn und Ehrenbeirat Johann Fuhlendorf beharrlich dafür geworben, doch den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Zu guter Letzt und nach sorgfältiger gemeinsamer Überlegung hat mir meine Ehefrau dann grünes Licht gegeben.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Ich bin ein absoluter Mannschaftsspieler. Im Beruf war mein Credo, dass Teamergebnisse immer besser als Einzelergebnisse sind. Es gibt eine Szene im Kinofilm ,Das Boot‘, die die Sache ziemlich genau auf den Punkt bringt. Als die Besatzung in nahezu aussichtsloser Lage, den Tod am Meeresgrund vor Augen, bei den Reparaturarbeiten am schwer beschädigten U-Boot über sich hinauswächst, sagt der Kapitänleutnant zu seinem Leitenden Ingenieur: ,Gute Leute muss man haben.‘ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen…
Kommen wir von der Person Thomas Langhein zurück zum Sportverein Kaltenkirchener Turnerschaft. Wie würden Sie die KT charakterisieren, mit welchen Pfunden kann der Club wuchern?
Ich habe in den ersten vier Monaten meiner Amtszeit und auch schon zuvor versucht, mir in persönlichen Gesprächen und Diskussionen mit unseren Spartenvorständen ein genaues Bild von der Lage zu machen. Meiner Meinung nach machen wir den Menschen in der Stadt und rund um Kaltenkirchen mit unseren 16 Abteilungen ein vielfältiges und interessantes Angebot. Das große Plus sind dabei die vielen exzellenten Übungsleiter.
Welche Punkte stehen ganz oben auf Ihrer To-do-Liste, was sind die größten Baustellen?
Vorrangiges Ziel ist die weitere Verbesserung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Leider hatte die notwendige Unterbringung von Flüchtlingen in der Tennishalle im Herbst 2015 und die damit einhergehende Schließung unserer Tennisabteilung mit etwa 100 Mitgliedern zu einer spürbaren Verschlechterung der Einnahmesituation geführt. Dieses hat sich im Jahresergebnis 2016 deutlich ausgewirkt. Deshalb wollen wir unsere Einnahmen und Ausgaben möglichst schnell in ein vernünftiges Verhältnis bringen. Notwendigerweise haben wir die Beiträge in allen Altersgruppen maßvoll erhöht. Das Rasenmäherprinzip wird es bei der Reduzierung von Kosten nicht geben. Aber alle Bereiche der KT sind aufgefordert, Ausgabenstrukturen zu hinterfragen, solide zu haushalten und sich an der wirtschaftlichen Konsolidierung zu beteiligen.
Deshalb auch die Abmeldung der Tischtennis-Damenmannschaft aus der Regionalliga Nord?
Ja, die Damenmannschaft war in der Regionalliga für die KT zwar sportlich durchaus erfolgreich, hat aber leider wirtschaftlich ein Defizit verursacht. Wer leistungsbezogen arbeiten will, muss dieses über Sponsoren und Fördervereine eigenfinanzieren. Das neue Konzept der Tischtennissparte mit einer Intensivierung der Nachwuchsarbeit beschreitet einen ganz anderen Weg, den ich für sinnvoll halte.
Apropos Geld: Die Kaltenkirchener Turnerschaft ist bemüht, ihr Tennis-Clubheim, das aktuell als Treffpunkt für Flüchtlinge dient, an die Stadt zu veräußern. Der Kaufpreis liegt angeblich bei 138.000 Euro; sollte es einen Deal geben, könnte sich der Verein auf einen Schlag entschulden. Wie weit sind die Gespräche gediehen?
Ohne den genannten Kaufpreis zu kommentieren kann ich sagen: Es gibt eine von beiden Seiten getragene Absicht, aber noch keine endgültige Entscheidung. Diese muss am Ende die Stadtvertretung treffen.
Abschließend noch ein Blick in die Zukunft. Wie ist die KT bezüglich der kommenden Herausforderungen aufgestellt?
Ich bin da sehr optimistisch. Wir haben mit Triathlon gerade erst eine Trendsportart in unser Angebot aufgenommen, von der wir uns in Zukunft noch einiges erhoffen. Der Verein wächst, die Mitgliederzahlen steigen, vor allem aufgrund einer erfreulichen Entwicklung im Jugendbereich. Das ist grundsätzlich positiv und heutzutage für einen Universalsportverein wie die Kaltenkirchener TS nicht selbstverständlich. Darauf müssen und wollen wir aufbauen.
Wie könnte das konkret aussehen?
Mich persönlich treibt die Frage um, wie wir unser Angebot noch besser an den Bedürfnissen der Sportler ausrichten können. Haben wir durch die feste Mitgliedschaft in Abteilungen möglicherweise zu starre Strukturen, müssen wir flexibler werden? Nur mal so ins Blaue gedacht: Wäre es nicht vielleicht eine Alternative, beispielsweise einen Basistarif anzubieten und verstärkt auf Kurse zu setzen, die dann auch von Nichtmitgliedern etwa per Zehnerkarte genutzt werden könnten? Das böte dem Nachwuchs, aber auch Senioren die Gelegenheit zum Ausprobieren, ohne sich gleich festzulegen. Es gibt viele Ideen, viele offene Fragen, unter anderem auch versicherungstechnische. Eines ist allerdings ganz klar: Etwaige Veränderungen wird der Vorstand der Kaltenkirchener Turnerschaft niemals im Alleingang, sondern nur nach Rücksprache zusammen mit den Verantwortlichen der Abteilungen angehen.
Quelle: Hamburger Abendblatt vom 20.7.2017; Autor: Frank Best